Alles begann damit, dass unsere Schulmensa renoviert wurde. Die SMV, in der ich Mitglied war, wollte bei der Gestaltung mitbestimmen. Der Plan war es, eine Fotoreihe der Abschlussklassen im Speisesaal aufzuhängen. Als ich diese Idee unserem Hausmeister und Bauleiter unterbreitete, erhielt ich eine klare Absage. Die Planung sei zu weit fortgeschritten und eine Einmischung in den gestalterischen Prozess sei nicht erwünscht. Allerdings würde noch eine Person gesucht, die eine der Innenwände gestalten solle – ob ich da jemand kennen würde?
Klar, kannte ich, seit 18 Jahren.
Als ich ihm sagte, dass ich der Richtige für diese Aufgabe sei, fing ich mir einen skeptischen Blick ein. Dennoch wurde ich ermuntert, einmal einen Entwurf anzufertigen. „Groß und bunt“ lautete die Vorgabe. Als Referenz wurde ein Vertreter der amerikanischen Pop Art genannt, danach entließ er mich.
Was also sollte ich machen? Ich wollte dieses Bild malen. Ich wusste, es sollte groß und bunt sein. Da die Mensa nicht nur ein Ort des Essens, sondern auch der Begegnung ist, kam mir in den Kopf, beide Punkte zu verbinden.
Eine erste Skizze zeigte Personen, die sich zugewandt waren, von denen nur das Profil zu sehen war. Im Hintergrund war eine Wüstenlandschaft, im Zentrum stand ein alter Mann mit Rauschebart aus Spagetti, der grimmig dreinblickte.
Die Verantwortlichen fanden die Idee spannend, hatten jedoch einige Kritikpunkte, die ich in der Folgeskizze überarbeitete. Das Ergebnis war ein androgyner Kopf vor einer Felder- und Berglandschaft. Die Skizze wurde abgesegnet und ich war bereit zu starten. Dachte ich zumindest.
Als ich dann damit begann, eine Detailzeichnung anzufertigen, merkte ich schnell, dass ich mir deutlich mehr aufgehalst hatte, als erwartet. Aus den angesetzten zwei Tagen Vorbereitungszeit wurden zwei Wochen. Materialien mussten bestellt, Keilrahmen gebaut und Leinwände bespannt werden. Als dann alles vorbereitet war und ich alleine im Atelier stand – die Sommerferien hatten schon begonnen – kam ich so richtig ins Schwitzen. Mir war nicht klar gewesen, dass so eine zwei Meter Leinwand höher ist, als ich selbst. Die Malgründe füllten beinahe das gesamte Atelier.
Zwei Tage brachte ich nur damit zu, eine maßstabsgetreue Vorzeichnung auf die Leinwände zu malen. In den ersten zwei Wochen habe ich jeden Tag gemalt. Oft verbrachte ich 12 Stunden im Atelier. Meistens habe ich mir etwas Vesper mitgenommen, manchmal haben sich meine Eltern erbarmt, mir etwas vorbei zu bringen. Die gesamten Sommerferien habe ich an dem Bild gearbeitet. Die Tage, an denen ich nicht im Atelier war, lassen sich an einer Hand abzählen. Nur in der letzten Woche war ich auf einem Kunst Camp in Leutkirch.
Als die Ferien vorbei waren und die Schule los ging, geriet ich in einen inneren Konflikt. Auf der einen Seite musste das Bild fertig werden, auf der anderen Seite hatte ich mir in den Kopf gesetzt, ein gutes Abitur schreiben zu müssen. Der Stundenplan war so voll, dass ich keine Zeit mehr zum Malen hatte. Nach ein paar Wochen fällte ich eine Entscheidung: Ich entschied mich das Abi, Abi sein zu lassen, mich verstärkt dem Malen zu widmen und dafür ans andere Ende der Welt zu gehen.
Bis zu meinem Flug im November nun, hatte ich Zeit mich wieder der Malerei zu widmen. Neben dem Mensabild galt es jedoch auch, die Reihe „Impressions“ fertig zu stellen. Ich arbeitete fortan zuhause an den Impressionsbildern und besucht immer wieder das Atelier, um das Wandbild fertig zu stellen. Es sollten noch weitere anderthalb Monate ins Land ziehen, bis der Koloss von einem Bild endlich fertig war und seinen Platz an der Wand der Schulmensa fand – wenige Tage vor meinem Abflug nach Australien.
Das Mensabild war mein bis Dato größtes und aufwändigstes Bild, für das ich zusammen gerechnet über 300 Stunden verwendet habe. Streckenweise war es zäh, gegen Ende fast nervig, dennoch blicke ich stets mit einem stolzen Lächeln auf diese Zeit zurück.
Toller Bericht, kenne das Bild ja persönlich und habe immer gedacht „blah wie verliert man bei der Größe nicht den Überblick wo man was malen will“. Aber echt klasse geworden und ich denke, noch viele Schüler werden das Bild bewundern!
Das will ich doch schwer hoffen, habe bereits mehrfach gehört, dass es zumindest den Appetit anregt:)